Die Veröffentlichung des Nürnberger Kodex von 1997

Auf dem Kongress "Medizin und Gewissen" im Oktober 1996 entwickelte sich eine intensive inhaltliche Diskussion über die von uns formulierten "10 Nürnberger Thesen". Als deren Ergebnis wurde der "Nürnberger Kodex 1997" am 20. August 1997 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der "Nürnberger Kodex von 1997" nimmt ausdrücklich Bezug auf die Formulierungen der Richter im "Nuremberg Code" von 1947, dehnt den Kodex aber auf ethische Konfliktfelder der Gegenwartsmedizin aus. Insbesondere hielten wir es für wichtig, auch andere Professionen des Gesundheitswesens und Menschen aus anderen Kulturkreisen mit unterschiedlichen Traditionen darin einzubeziehen.

"Die Reihenfolge der Punkte 1-10 haben für mich eine ganz spannende innere Logik: Es beginnt im ersten Punkt mit der Rekapitulation der Reinkultur dieses individualethischen Satzes aus dem Kodex 47, mit dem 'informed consent'. Und dieses auf dem Naturrecht der menschlichen Selbstbestimmung und den daraus abzuleitenden Rechten basierende Denken zieht sich alle weiteren Punkte hindurch. Andererseits findet man, gewissermaßen in einer Art ausgedünnter Reihe - im Prinzip von Anfang an, dann aber deutlich von Punkt 7 an -, ein komplementäres Prinzip, das Verantwortungsprinzip. Oder anders ausgedrückt: Das Prinzip einer Ethik von Beziehungen. Das finde ich in hohem Maße spannend, da wir so nicht nur eine Norm haben, das individualethische Selbstbestimmungsrecht, sondern ein Spannungsfeld zwischen zwei, möglicherweise gleich gewichtigen Normen, einer individualethischen und einer beziehungsethischen Norm."

Klaus Dörner am 20.8.1997 in Nürnberg

Michael Wunder: Der Nürnberger Kodex und seine Folgen

 
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