Rede anlässlich der Wiederaufstellung der Gedenkstelen zur Erinnerung an die Nürnberger Rassengesetze am 22.07.2021 vor der AOK Mittelfranken

Im Auftrag der IPPNW Regionalgruppe Nürnberg, Fürth, Erlangen - der Ärzte für Frieden und soziale Verantwortung – möchte ich Herrn Leitner und Herrn Flühr von der Direktion Mittelfranken der AOK und allen beteiligten Damen und Herren ganz herzlich danken, dass sie die Wiederaufstellung der Gedenkstelen an so prominenter Stelle im Rahmen des AOK-Neubaus ermöglicht haben.

Diese Stelen wurden erstmals 2006 auf unsere Anregung hin von der AOK realisiert genau an dem Ort, wo im September 1935 im damaligen Gebäude des Industrie- und Kulturvereins das sog. Reichsbürgergesetz und das sog. Blutschutzgesetz am Rande des 7. Reichsparteitags der NSDAP beschlossen wurde. Hauptsächlich waren diese Gesetze gegen jüdische Bürger gerichtet. Aber schon im November 1935 wurde im § 6 der Ersten Verordnung dieses Gesetzes zur „Reinhaltung des deutschen Blutes“ die menschenverachtenden, rassistischen Bestimmungen auch auf „Zigeuner, Neger und ihre Bastarde“ ausgedehnt.

Bezeichnenderweise war es der Reichsärzteführer Gerhard Wagner, der damals Hitler dazu veranlasste, dieses Gesetz in aller Eile in Nürnberg zu verabschieden. Dies war nicht zufällig! Denn die deutsche Ärzteschaft betrieb die systematische Ausgrenzung, die finanzielle Ruinierung und Verfolgung ihrer jüdischen Kollegen schon gleich beginnend nach der „Machtergreifung“ Hitlers 1933.

Und zur historischen Wahrheit der Nürnberger Rassengesetze gehört auch, dass es ein Hans Josef Maria Globke war, der als deutscher Verwaltungsjurist im nationalsozialistischen Reichsinnenministerium als Mitverfasser und als der Kommentator der Nürnberger Rassengesetze bekannt wurde. Dieser Herr Globke trat gleich nach dem Krieg in die CDU ein. Schon 1948 wird er für den Aufbau der Bundesverwaltung herangezogen. 1949 holt ihn Adenauer ins Bundeskanzleramt. Bis 1953 steigt er als Staatssekretär zu Adenauers engstem Mitarbeiter auf und ist bis 1963 14 Jahre lang einer der mächtigsten Männer der Bundesrepublik. Wie wir wissen, war das kein Einzelfall!

Oder wie es meine verehrte Freundin und Auschwitzüberlebende Esther Bejarano, die vor 2 Wochen mit 96 Jahren leider verstorben ist, immer wieder sagte: „Es gab nach der Nazi-Herrschaft nie eine Stunde Null!“

Leider sitzen auch heute wieder Rechtsradikale und Faschisten in deutschen Parlamenten und Antisemitismus und Rassismus sind in der Öffentlichkeit immer wieder an der Tagesordnung.

Diese Gedenkstelen sind ein kleiner Beitrag und eine permanente Mahnung, damit Rassismus nie wieder zur Staatsraison in diesem Land werde.

Prof. Dr. Hannes Wandt

 

 
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